14/04/2025 0 Kommentare
Predigt, Palmsonntag/Diamantene Konfirmation - Bartholomäuskirche
Predigt, Palmsonntag/Diamantene Konfirmation - Bartholomäuskirche
# Predigten

Predigt, Palmsonntag/Diamantene Konfirmation - Bartholomäuskirche
Predigt am Palmsonntag / Diamantene Konfirmation, 13.04.2025,
Predigttext: Joh 12, 12-19 - Bartholomäuskirche Markgröningen
Pfarrer Dr. Frank Dettinger
Johannes 12, 12 - 19:
12 Als am nächsten Tag die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde, 13 nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel! 14 Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht: 15 »Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.« 16 Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so an ihm getan hatte. 17 Die Menge aber, die bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, bezeugte die Tat. 18 Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan. 19 Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach.
Liebe Gemeinde,
der heutige Palmsonntag ist der Auftakt zur Karwoche. Es geht diese Woche zunächst auf Gründonnerstag und Karfreitag zu – und dann am Wochenende auf Ostern. Was für eine unglaubliche Bewegung liegt in dieser Woche. Das Kirchenjahr gibt uns hier einen Spannungsbogen, der nicht größer sein könnte. Heute, am Palmsonntag sind die Gedanken bei Jesus, der wie ein großer Herrscher bejubelt wird. Er wird in Jerusalem empfangen wie ein Held. Die Leute jubeln ihm mit Palmzweigen zu, wir haben es in der Schriftlesung gehört. Vor unserem inneren Auge entsteht dieses besondere Bild: Da sitzt Jesus auf einem Esel und reitet durch das Stadttor nach Jerusalem hinein – wie ein Triumphzug wirkt dieser Einzug. Die Leute verehren ihn. Die Stimmungskurve ist sehr weit oben. Aber nur wenige Tage später fällt die Stimmungskurve extrem. Nur kurze Zeit später folgt auf diesen Höhepunkt ein extremer Tiefpunkt. Am Gründonnerstag feiert Jesus das letzte Abendmahl mit seinen engsten Freunden – und anschließend wird er im Garten Gethsemane von seinen Feinden gefangen genommen. Einer seiner Jünger, Judas Iskariot, spielt dabei die Rolle des Verräters aus den eigenen Reihen. Was für eine Enttäuschung, was für eine Katastrophe. Ganz, ganz tief ist die Stimmungskurve gefallen. Aber dieser Tiefpunkt ist noch nicht das Ende – es geht noch tiefer – am folgenden Tag, am Karfreitag. Jesus wird hingerichtet am Kreuz, eine brutale Hinrichtungsmethode. Der tiefste Tiefpunkt nur 5 Tage nach Palmsonntag. Vom „Hosianna“ zum „Kreuzige ihn“ – die allergrößten Gegensätze tun sich auf. Und nach der Tiefe aber wieder heraus – es geht zurück, nach oben – sogar höher hinaus als es vorstellbar schein. Jesus bleibt nicht im Tod. Am 3. Tag nach seinem Tod am Kreuz soll er vom Tod auferstanden sein. Ostern folgt – das Fest des Lebens lässt die Stimmungskurve ansteigen, ganz, ganz steil steigt diese Stimmungskurve in kürzester Zeit an – und sie geht mit dieser Botschaft von der Auferstehung noch weit höher hinaus, weit über die gute Stimmung des heutigen Palmsonntags… Was für eine Bewegung – was für eine Kurve, ein unglaublicher Spannungsbogen. In dieser Woche von heute an bis nächsten Sonntag liegt alles. Es gibt keine größere Tiefe und keine höhere Höhe – in nur einer Woche das ganze Leben, die ganze Realität der Welt.
Vielleicht denken wir hier, dass unser Lebensweg auch so viele unterschiedliche Ausschläge kennt. Was für eine Bewegung, können wir auch zu unserem Leben manchmal sagen.
Liebe diamantene Konfirmandinnen und Konfirmandinnen, Sie blicken heute auf die sechs Jahrzehnte seit Ihrer Konfirmation zurück. Manche Höhepunkte, Momente bester Stimmung können da in den Sinn kommen. Aber auch so manche Tiefpunkte. Manche Niederlagen, manch Zerbrochenes. So ist unser menschliches Leben. Im Leben gibt es oft erstaunliche Bewegung – die ganze Amplitude der Stimmungskurve von ganz oben bis ganz unten. Gute Zeiten, Höhen-Zeiten und auch extreme Tiefpunkte, Täler, Unbeschreibliches. Diese Kontraste, diese großen Unterschiede finden sich bereits im Palmsonntag selbst. Nicht erst in der Woche bis Ostern hin. Nein, schon am heutigen Palmsonntag – hier ist schon alles versteckt, alles verborgen in diesem Einzug Jesu in Jerusalem. Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel! – Die Menschenmenge jubelt einem König zu, dem, der der Höchste ist. Aber dieser Höchste, dieser König – er sitzt auf einem Esel. Auf einem einfachen Lasttier. Wo ist eigentlich das hohe und vornehme Schlachtross, das standesgemäß wäre für diesen König? Das ist die passende Frage. Es gibt aber kein Schlachtross. Palmsonntag – da geht es um diese eigenartige Geschichte, dass der König Jesus eben auf einem einfachen Esel in die Stadt Jerusalem einzieht. Jesus will die Botschaft geben: Ich bin kein König, der weit über dem Volk lebt. Sondern: Ich bin ein König, der ganz nahe zu den normalen Menschen gehört.
Ja, ich bin durchaus ein König – ein göttlicher König. Aber diesen König zeichnet gerade aus, dass er das Oben und das Unten gleichermaßen umfängt. Der König Jesus spricht den Menschen zu: „Ich umfange euer ganzes Leben. Mit allen Tiefen und Höhen – ich kenne das alles. Und ich wollte die Tiefe – aus Liebe. In der Tiefe will ich dabei sein – euch nahe sein, ihr braucht nicht allein in der Tiefe zu sein!“ Das ist die Botschaft vom König auf dem Esel. Und die Karwoche bis Ostern zeigt uns diese Botschaft ganz ausführlich: Jesus geht ins Leiden bis hin in den Tod – in die tiefste Tiefe, die es für uns Menschen geben kann. Und Gott führt Jesus aus der größten Tiefe dann in die größte Höhe – aus dem Tod ins Leben zurück – Ostern, Auferstehung, vom tiefsten Dunkel in die größtmögliche Helligkeit. „Ich umfange euer ganzes Leben“, spricht Jesus Christus – von ganz unten bis ganz oben. Und am Palmsonntag bereits erfahren wir diese ganze Botschaft: der hohe König auf dem einfachen Esel. Das ist eine Botschaft für unser ganzes Leben, für die ganze Bandbreite unseres Lebens. Als Menschen müssen wir uns dem stellen, dass das Leben Hohes und Tiefes bietet – wir sind hineingeworfen in das pure Leben, in alles, was eben zu unserem Mensch-Sein gehört. Und da ist einer, der bei uns ist – bei allem uns nahe ist. Da ist einer, der die schönen Momente mit uns miterlebt, der sich auch mitfreut, wenn wir uns freuen. Und dieser eine ist dann auch der, der mich in den tiefsten Tälern findet, die ich manchmal durchschreiten muss. Wie wir mit dem Psalm 23 vorhin gebetet haben: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal.“ – Ich bin nicht allein – diese Botschaft höre ich am Palmsonntag. Ich bin nicht allein – diese Botschaft soll ich durch die Karwoche bis Ostern hin immer wieder hören. Wo ich auch stehe im Leben – im Glück und in der tiefen Sorge, im Schmerz der Trauer, in der Unsicherheit, was die kommenden Wochen und Monate bringen, im Bangen vor einer Diagnose, auf die ich warte, im Ringen um das Wohl der Kinder, die ich im Herzen trage. Was auch immer meine Tiefe ausmacht, was auch immer meine Täler sind. Vielleicht auch meine Zweifel. Mein verloren gegangener Glaube, um den ich trauere. Oder vielleicht auch alte Geschichten, die mich nicht loslassen. Dass ich im Leben in dieser oder jener Hinsicht scheinbar versagt habe. Dass ich das Gefühl habe, dass ich gescheitert mit so manchen Plänen oder Vorsätzen. Die Täler, die Tiefen – so verschieden sind sie, so Unterschiedliches kann mich quälen und am Boden halten. „Ich umfange euer ganzes Leben“, spricht der König Jesus Christus auf dem einfachen Esel. „Von ganz oben bis ganz unten, alles ist mir vertraut. Es gibt keine Ecke auf dieser Welt, keine letzte Ecke des menschlichen Lebens, die mir fremd wäre. Und als der, der dein Leben genau kennt und versteht, bin ich an deiner Seite.“
Ich wünsche Ihnen, liebe diamantene Konfirmandinnen und Konfirmanden, ich wünsche uns allen, dass wir Jesu Nähe in allen Lebenslagen immer wieder spüren dürfen – vielleicht durch ein Lied, durch Musik, die uns berührt. Vielleicht im Gebet – wenn wir frei heraus erzählen, was wir fühlen, wie es uns geht. Im Gebet haben schon viele Menschen gespürt, dass Gott ihnen nahe ist – dass Gott hört und die Seele ruhig werden lässt.
Da sitzt der König Jesus auf einem einfachen Esel und reitet durch das Stadttor nach Jerusalem hinein.
„Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“
Amen.
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